Eine Insolvenz ist für den betroffenen Geschäftsführer, bzw. die betroffene Geschäftsführerin häufig mit nicht mehr zu steuernden Risiken verbunden. Insbesondere dann, wenn es sich um einen sog. Gläubigerantrag handelt, der viele betroffene Gesellschaften in der Regel unvorbereitet trifft.
Bei einem Gläubigerantrag erfolgt die Antragstellung oftmals durch Sozialversicherungsträger, bei Bauunternehmen auch durch die Soka-Bau und durch Finanzämter. Auch Mitarbeiter können einen Insolvenzantrag gegenüber ihrem Arbeitgeber stellen, sofern dieser sich mit Lohn- und Gehaltszahlungen im Rückstand befindet.
Ein Insolvenzantrag ist mit einer Reihe von Haftungsfragen für den, bzw. die Geschäftsführer verbunden:
- Wurde der Insolvenzantrag noch rechtzeitig gestellt?
- Liegt evtl. eine Insolvenzverschleppung vor?
- Wurden die Jahresabschlüsse innerhalb der handelsrechtlichen Fristen rechtzeitig erstellt (in vielen inhabergeführten KMU-Unternehmen werden diese zu spät, teilweise viel zu spät erstellt)?
- Erfolgten nach Eintritt der Insolvenzreife noch Zahlungen, sog. unerlaubte Zahlungen nach § 15b Insolvenzordnung ausgeführt?
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der XXX, vertr. d.: XXXX(Geschäftsführer), ist Termin zur Gläubigerversammlung bestimmt auf Donnerstag, 05.12.2024, 10:00 Uhr, Saal 115 (AG), Gerichtshaus (Neubau), XXXXXXXstr. 25-31, XXXX
Tagesordnung: Anhörung und Zustimmung der Gläubiger
zur Aufnahme eines Rechtsstreits von erheblichem Streitwert in Höhe von 862.043,65 € wegen Geschäftsführerhaftung gem. § 15 b InsO gegen Herrn XXXXXX
zum Abschluss eines Prozessfinanzierungsvertrages mit der XXXX AG, München zur Finanzierung des o.g. Rechtsstreites
Ist die einberufene Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig, gilt die Zustimmung zu einer besonders bedeutsamen Rechtshandlung nach § 160 InsO als erteilt.
Es wird darauf hingewiesen, dass Einlasskontrollen stattfinden. Rechtzeitiges Erscheinen vor dem Termin ist deshalb zwingend erforderlich.
Amtsgericht XXXX, 21.11.2024
Manche mögen sich fragen, wie kann so eine Situation entstehen? Aus unserer Beratungspraxis kann hier folgende mögliche Entwicklung aufgezeigt werden:
- Der Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife wurde nicht erkannt,
- Dies führt dazu, dass der Geschäftsführer Lieferanten und andere Gläubiger weiter-bezahlt, als wenn nichts gewesen wäre, soweit das in der Regel die knappen Liquiditätsverhältnisse noch zulassen
- Meistens verfügen kleinere und vor allen Dingen inhabergeführte KMU-Unternehmen über keine Liquiditätsplanung (über eine integrierte Unternehmensplanung ohnehin nicht)
- Die Vorgehensweise zur Messung der insolvenzrechtlichen Zahlungsfähigkeit ist nicht bekannt
- Die unterjährige Buchhaltung ist nicht ausreichend aussagefähig (gerade bei kleineren Handwerks- und Industriebetrieben der Fall)
- Die allgemeinen Informations- und Wissenspflichten für Geschäftsführer sind nicht ausreichend bekannt
- Die kfm. Sorgfaltspflichten nach §§ 43 GmbHG und 93 AktG sind nicht bekannt
- Die Pflicht zur Einführung eines Krisenfrüherkennungssytems nach § 1 StaRUG ist ebenfalls nicht bekannt (dies gilt auch für kleine Unternehmen, der deutsche Gesetzgeber hat hier für kleine und kleinere Kapitalgesellschaften keine formellen Erleichterungsmöglichkeiten zugelassen)
- Zahlungen an Gläubiger werden entsprechend der Liquiditätslage ohne Plan und Übersicht geschoben und nach Kassenlage ausgeführt
- Die Kommunikation mit Gläubigern entspricht nicht der gegebenen Bedeutung
Empfehlung, um eine solche Situation zu vermeiden:
- Einführung einer integrierten Unternehmensplanung
- Einführung einer rollierenden Liquiditätsplanung für 13 Wochen
- mplementierung eines Krisenfrüherkennungssystems, angepasst an die Komplexität eines kleinen Unternehmens
- Notwendige Sensibilisierung und Schulung des Geschäftsführers, bzw. der Geschäftsführerin
- Sofern die betreuende Steuerkanzlei dies nicht leisten kann (wovon auszugehen ist), Einbindung eines qualifizierten Unternehmensberaters
Reinhard Stadler, Inh. Wirtschaftsberatung Stadler
19.12.2024